Ins Blaue
von Johannes Menze (Kommentare: 0)
Wolkenloser Himmel, klares Wasser. Eine Fahrt ins Blaue: Wer jetzt freie Tage hat, sehnt sich nach Blau. Auch wir hier auf der Burg schauen morgens beim Blick aus dem Fenster als erstes die Himmelsfarbe an. Blau steht für Weite und Frische, Horizont und Unendlichkeit. Der sommerliche Himmel und blau funkelnde Fluten wecken himmlische Gefühle.
Ein Tuschkasten ohne Blau? Den würde man sicher ins Geschäft zurückbringen! Wie sollte man da das Meer malen oder einen Schlumpf? Tatsächlich aber wurde Blau früher im Vergleich zu Rot, Schwarz und Weiß nur selten verwendet.
Zwar stellten die alten Ägypter vor rund 4500 Jahren bereits künstlich den Farbstoff "Ägyptisch Blau" her oder verwendeten gemahlenen Lapislazuli.
Doch beides war aufwendig und teuer. Wohl auch deshalb benutzten die alten Griechen und Römer die Farbe nur zurückhaltend. Offenbar hatten sie nicht einmal ein feststehendes Wort für Blau, sondern bezeichneten es mit vielen verschiedenen Ausdrücken.
Vielleicht ist das auch ein Grund, weshalb es in der Bibel, je nach Übersetzung nur 0 bis 4 Stellen gibt, in denen die Farbe Blau vorkommt? In der Einheitsübersetzung zum Beispiel gar nicht.
Sucht man jedoch nach Begriffen, die wir heute oft mit blau assoziieren, sieht das ganz anders aus: Himmel 576 Treffer in der Online-Suche, Wasser rund 500 Treffer.
Selbst im frühen Mittelalter beschrieben die Dichter den Himmel meist noch als weiß, rot oder golden, aber nie als blau. Im 12. Jahrhundert entdeckte dann aber die mächtige Kirche die Farbe für sich. Glasmacher schufen Kirchenfenster aus blauem Glas, Künstler malten die Gottesmutter Maria auf ihren Bildern in blauen Kleidern. Könige begannen, sich in Blau zu kleiden, und ihr Hofstaat machte es ihnen nach.
Bald war die Farbe bei den Tuchmachern und Färbern so gefragt, dass in ganz Europa massenhaft der sogenannte Färberwaid angebaut wurde. Aus dieser Pflanze ließ sich – mit etwas Aufwand – blau färbendes Indigo gewinnen: Die Färber warfen zermahlene und dann wieder getrocknete Blätter in einen Bottich und, ähem: pinkelten darauf. Zusammen mit Pottasche löste der Urin in einem Gärprozess nämlich den Farbstoff aus dem Blattmaterial. Nach drei Tagen konnte man in dieser Brühe schließlich Stoffe färben.
Übrigens stammt der Ausdruck „blau machen" für Faulenzen und Abwarten vermutlich aus dieser Zeit.
Umfragen zufolge ist Blau seit rund 100 Jahren in Europa durchgehend die Lieblingsfarbe von mehr als der Hälfte der erwachsenen Menschen! Zum Vergleich: Knapp 20 Prozent bevorzugen Grün, je acht Prozent Weiß oder Rot. Blau in allen Schattierungen ist darum wohl die am häufigsten getragene Modefarbe – und die "Blue Jeans" das meistverkaufte Kleidungsstück.
Daraus und aufgrund der positiv stimmenden Wirkung ergibt sich wohl auch die häufige Verwendung von blauen Farben in der Werbung. Viele Unternehmen und Sportvereine benutzen die Farbe in ihrem Logo (Aral, Deutsche Bank, Nivea, Schalke 04).
Auch internationale Organisationen schmücken sich gern mit der Farbe Blau: Auf der Flagge der Europäischen Union ist der blaue Grund ein Zeichen für den Himmel. Auch die Vereinten Nationen haben eine blaue Flagge. Die Farbe symbolisiert unter anderem Frieden.
Blaue Wunder aber gibt es auch andere: die mittelalterlichen Fenster der Kathedrale von Chartres beispielsweise, oder die von Marc Chagall geschaffenen Fenster der Stephanskirche in Mainz, die wir gestern Abend gesehen haben. Dass Blau als eine der vier Urfarben auf das Göttliche, Unendliche, Geistige verweist, lässt sich auch aus der mittelalterlichen Buchmalerei ablesen. So erscheint die Gottesmutter Maria auf Gemälden oft in hell leuchtendem Blau.
"Blaues Blut" dagegen steht für die vermeintliche Exklusivität des Adels. Vermutlich erklärt sich der Begriff dadurch, dass Adelige es sich leisten konnten, im Schatten zu ruhen statt auf dem Feld zu arbeiten. Auf ihrer blassen Haut erschienen die Venen bläulich.
Etwa eine Million unterschiedliche Farben kann das menschliche Auge unterscheiden. Rund 50.000 bis 100.000 Farbnuancen dürften als Blau zu bezeichnen sein, schätzt der Normenausschuss Farbe in Berlin. Von Himmelblau bis zum Preußischblau, vom Ultramarinblau bis zum Pariser Blau kennt die Farbpalette kaum eine Grenze.
Soweit die kleine Gedankenreise ins Blaue. Genießt den Tag und nehmt auch Zeit, immer wieder in den Himmel zu schauen und die verschiedenen Nuancen auf Euch wirken zu lassen.
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